23 Feb
23Feb

Jammern. Ein Thema das zunächst banal erscheint, aber grosse Wirkung entfalten kann.
Was viele als blosses Meckern abtun, ist in Wahrheit vielschichtiger. Es kann verbinden, entlasten, abschrecken oder sogar krank machen. Ein spannendes Phänomen - gerne fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse hier zusammen

WAS IST JAMMERN EIGENTLICH?

Bevor wir es verteufeln oder bagatellisieren, lohnt ein Blick auf die Definitionen:

  • Psychologisch: Wiederholtes, meist emotionsgeladenes Klagen über belastende Situationen – ohne konkrete Lösungsabsicht.
  • Kommunikativ: Negatives Kommunizieren mit dem Ziel, emotionale Unterstützung zu erhalten.
  • Soziologisch: Eine Ausdrucksform, die Gemeinschaft stiften oder Abgrenzung schaffen kann.
  • Allgemeinsprachlich (Duden): Laut und anhaltend klagen über ein tatsächliches oder vermeintliches Unglück.

Kurz gesagt: Jammern ist menschlich. Aber es ist auch ein Phänomen mit Nebenwirkungen.

1. WARUM WIR JAMMERN - UND WAS UNSER GEHIRN DAMIT ZU TUN HAT 

Jammern hat evolutionsbiologisch eine klare Funktion: Gefahr signalisieren, Verbindung herstellen, Überleben sichern. Unser Gehirn – genauer gesagt das Reptilienhirn – war (und ist) auf das Erkennen und Weitergeben von Bedrohungen spezialisiert.Der sogenannte "Negativity Bias" sorgt dafür, dass wir Negatives stärker wahrnehmen und schneller verbreiten. Jammern ist also ein soziales Überbleibsel dieser Alarmfunktion.Nur: In der heutigen Zeit ist nicht jeder Projektverzug gleich ein Säbelzahntiger.Deshalb lohnt es, innezuhalten und sich zu fragen:

  • Dient es mir oder anderen, diesen Gedanken laut zu teilen?
  • Oder möchte ich einfach nur Entlastung oder Bestätigung?

2. WIE JAMMERN UNSER GEHIRN VERÄNDERT 

Neuroplastizität bedeutet: Unser Gehirn verändert sich mit dem, was wir wiederholen.Je häufiger wir negativ denken oder sprechen, desto stärker werden die entsprechenden neuronalen Verbindungen.➞ Jammern formt buchstäblich unser Gehirn – in Richtung Problemfokus.Die gute Nachricht: Das funktioniert auch andersherum. Wer lernt, seine Gedanken bewusst zu steuern, kann neue, positivere Denkmuster aufbauen.Impulse zur Selbstreflexion:

  • Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit?
  • Wie möchte ich mich fühlen – und was braucht es dafür?

3. EMOTIONALE ANSTECKUNG & TEAMDYNAMIK 

Jammern ist nicht nur individuell wirksam – es wirkt sich auch auf Gruppen aus.Psychologen sprechen von "Emotional Contagion": Emotionen (und die Sprache, mit der sie transportiert werden) sind ansteckend.➞ Ein einzelnes Teammitglied mit chronisch negativer Ausdrucksweise kann die gesamte Stimmung beeinflussen.➞ Das kann zu Motivationsverlust, Reibungsverlusten und schleichendem Vertrauensabbau führen.Was hilft?

  • Mitgefühl zeigen, aber sich abgrenzen. Nicht jedes Jammern muss geteilt werden.
  • Sprache bewusst nutzen. Negative Aussagen umformulieren („Was bräuchte es, damit es gelingt?“).
  • Positive Anker setzen. Fragen wie „Was läuft denn gut?“ schaffen Gegenpole.

4. STRESSREAKTIONEN - WENN NEGATIVITÄT UNTER DIE HAUT GEHT 

Ein oft unterschätzter Aspekt: Jammern beeinflusst den Körper.Wiederholtes negatives Denken (Rumination) hält den Stresspegel hoch. Studien zeigen:

  • Der Cortisolspiegel steigt.
  • Der Körper bleibt in Spannung, auch wenn die auslösende Situation längst vorbei ist.
  • Die Folge: Erschöpfung, Gereiztheit, Schlafprobleme.

➞ Jammern hält den Stress im System aktiv.Was hilft?

  • Bewusstheit entwickeln. Wann wird Jammern zur Gewohnheit?
  • Körper einbeziehen. Bewegung, Atmung, Entspannungstechniken unterstützen beim Loslassen.
  • Gedankenstopp und Perspektivwechsel. „Hilft mir das gerade?“ kann ein Gamechanger sein.

FAZIT: JAMMERN VERSTEHEN -> BEWUSST DAMIT UMGEHEN

Jammern ist menschlich. Es ist ein soziales Signal, ein emotionales Ventil, ein Denk- und Sprachmuster. Doch wenn es zur Gewohnheit wird, kann es mehr schaden als nutzen.Die gute Nachricht: Wir haben Einfluss darauf.Mit ein wenig Bewusstheit, Sprachachtsamkeit und neurobiologischem Wissen lässt sich der Jammerkreislauf durchbrechen – im Alltag wie im Team.

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